Internet-Recherche

Rein theoretisch müsste ein/e Schriftsteller/in gar nicht mehr aus dem Haus gehen, um für ein Buch die notwendigen Recherchen anzustellen. Es ist faszinierend, was man alles durch das Internet herausfinden kann. Dabei handelt es sich nicht nur geschichtliche Details, zum Beispiel Kleidung oder Politik, sondern auch um Örtlichkeiten. Gerade darin liegt aber auch eine Gefahr.

Guter Geschichtsunterricht in der Schule sollte uns bereits gelehrt haben, mehr als eine Quelle zu untersuchen und besonders bei Wikipedia vorsichtig zu sein. Das ist sicherlich auch allen klar, die ein Buch schreiben. Allerdings können auch mehrere Quellen in die Irre führen oder wichtige Einzelheiten auslassen.

Ich komme gerade von einem Ausflug an einen Ort zurück, der eine wesentliche Rolle in meinem nächsten Buch spielt. Eigentlich kannte ich die Gegend bereits gut, oder dachte zumindest so, und hatte sie dementsprechend detailliert beschrieben. Zu meiner großen Überraschung stellte sich jedoch heraus, dass mein kleiner Ausflug absolut nötig gewesen war: Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass sich das im Buch beschriebene Dorf auf einer steilen Anhöhe befindet, auf die sich mein Auto tatsächlich im ersten Gang quälen musste. Google Maps hat mir das verschwiegen, und es hätte peinlich werden können, eine so wichtige Einzelheit nicht zu erwähnen.

Deshalb hatte es auch so lange gedauert, bis ich mit meinen Nachforschungen in „Mrs Mahoney’s Secret War“ zufrieden war. Es ist keine Lüge, dass ich neun Jahre dafür gebraucht habe. So nützlich das Internet auch in diesem Projekt war, so lückenhaft stellte es sich dennoch heraus. Ohne die örtliche Bibliothek und die des Imperial War Museums hätte ich nie wissen können, wie genau beispielsweise die Flugblätter aussahen, die die Alliierten über ausgesuchte Orte in Deutschland abgeworfen hatten. Gewisse Zeugenaussagen der Zeit konnte ich ebenfalls nur durch traditionelles Ausleihen bzw. Ankauf von Büchern lesen, und mein Besuch in Bletchley Park hat dazu geführt, dass ich selber auf einer Enigma-Maschine tippen durfte. In keiner Quelle, weder Internet noch Büchern, fand sich die Information, wie es sich anfühlt, die Tastatur der Kodiermaschine zu bedienen.

Traditionalisten werden sich bestätigt fühlen: das Internet kann eben nicht auf alles eine Antwort finden, und gute Autor/inn/en müssen tatsächlich mehr tun, als ihre Details auf dem Sofa zu googeln. Dies ist auch einer der Gründe, warum ich ein Projekt über eine Kreuzfahrer-Prinzessin zunächst auf Eis geschoben habe und mich stattdessen wieder mit einer faszinierenden europäischen Legende befasse. Wir haben ein herrliches Reservoir faszinierender Legenden, und ich freue mich über die Möglichkeit, der nächsten auf die Spur zu kommen.

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